Gattung:
Sammelband
Autor/Herausgeber:
Barbara Mahlmann-Bauer (Hg.) ; unter Mitarbeit von Sonja Klimek und Daniela Kohler
 
Normierte Form: Mahlmann-Bauer, Barbara [Barbara Mahlmann-Bauer]
Titel:
Sebastian Castellio (1515-1563) : Dissidenz und Toleranz : Beiträge zu einer internationalen Tagung auf dem Monte Verità in Ascona 2015

Normierte Form:

Reihe:
Refo500 Academic Studies
Erscheinungsjahr:
2018
Erscheinungsort:
Göttingen

Normierte Form: Göttingen

Verlag/Drucker:
Vandenhoeck & Ruprecht

Normierte Form: Vandenhoeck & Ruprecht

ISBN/ISSN:
9783525570890
Seiten:
613 p.
Anzahl der Abbildungen:
ill.
Format:
24 cm.
Schlagwörter:
Castellio, Sebastian (1515-1563) - Biographie
Religiöse Toleranz - Europa - 1500-1600

Inhaltsverzeichnis:

Barbara Mahlmann-Bauer Einleitung p.9

I. Castellio, anders und neu gelesen Herman J. Selderhuis Calvin und Castellio – eine unmögliche Verbindung p.55

II. Castellio, der Philologe Wilhelm Kühlmann (Heidelberg) Oracula Sibyllina. Zur Diskussion eines problematischen Textes bei Sixt Birck, Sebastian Castellio und dem Heidelberger Arztphilologen Johannes Opsopoeus (1556–1596). Mit Abdruck und Übersetzung der Vorrede Castellios (1546) p.75

III. Castellio und die Bibel – Castellion et la Bible Peter Stotz Castellios neues lateinisches Sprachkleid für die Bibel – was hat es dem sermo piscatorius voraus? p.103 Max Engammare Ce que Castellion ne comprenait pas dans la Bible. L’herméneutique à l’épreuve du doute p.131

IV. Castellios spiritualistische Hermeneutik und Theologie Stefania Salvadori Fides (non) est actio intellectus. Castellio’s and Ochino’s views of the relationship between faith and reason p.151 Wilhelm Schmidt-Biggemann Hermeneutik und Dogmatik bei Sebastian Castellio und Matthias Flacius Illyricus. Ein Vergleich p.173

V. Castellios Toleranzkonzeption – De haereticis an sint persequendi im Basler Kontext Kilian Schindler Castellio reading Erasmus. The Erasmian Presence in De haereticis an sint persequendi p.203 Michael Multhammer Der ‚doppelte Luther‘ in De haereticis an sint persequendi. Castellios Aneignung der Schrift Von weltlicher Obrigkeit p.227 Daniela Kohler Das Unkrautgleichnis (Mt 13,24–30) und seine Bedeutung für religiöse Toleranz. Die Exegesen in De haereticis im Vergleich mit denjenigen Calvins, Bezas, Luthers und Bullingers p.251 Oliver Bach „Lasst unns doch warten auf den ausspruch des gerechten richters“.Religiöse Toleranz und ihre Theonomie bei Sebastian Castellio p.269 Sonja Klimek Die „Sekte“ der „Belliisten“. Zur Castellio-Rezeption und Toleranzdebatte unter Graf Georg in der trikonfessionellen württembergischen Exklave Mömpelgard / Montbéliard p.291 Barbara Mahlmann-Bauer Antirömische Polemik und Sympathien für Luther und Melanchthon – Gètes Christliche Eklogen p.311 Hans-Martin Kirn Juden und Judentum in Castellios Toleranzkonzeption p.345

VI. Castellio und die Täufer Michael Egger Sebastian Castellio, David Joris und die Täufer in Basel und Zürich. De haereticis an sint persequendi im Spiegel der reformierten Täuferverfolgung und als Streitschrift gegen Heinrich Bullinger p.385 Gary K. Waite Martyrs and Nicodemites Both? Spiritualistic and Rationalistic Currents within the Dutch Anabaptist Tradition – David Joris, Sebastian Castellio, and Pieter Jansz Twisck 1535–1648 p.423

VII. Castellio, der Polemiker und Psychologe Uwe Plath Einige Anmerkungen zu Sebastian Castellios Contra libellum Calvini p.461 Barbara Mahlmann-Bauer Glaubenskonformismus und Macht. Castellios Anthropologie der Verfolgung p.489

VIII. Zur Wirkungsgeschichte Castellios – Toleranzdiskussionen in Spanien, Frankreich und den Niederlanden Mariano Delgado Juan Luis Vives, Bartolomé de Las Casas und Miguel Servet. Spanische Toleranzkonzepte zur Zeit Castellios p.527 Cornel Zwierlein Irenic and Confessional Memory Building after 1584: Castellio’s and other legacies p.551 Mirjam van Veen Johan Jakob Wettstein’s (1693–1754) use of Sebastian Castellio (1515–1563) p. 575 Ralph Häfner Sebastian Castellio im Zeitalter der Aufklärung. Beobachtungen zur Biographie von Johann Conrad Füeßlin (1775) p.589

Personenregister p.601 Autorinnen und Autoren p.611

Zusammenfassung/Kommentar:

Castellios Forderung nach religiöser Toleranz und sein Protest gegen Verfolgung und Tötung Andersgläubiger sind heute so aktuell wie 1554, als die Hinrichtung Michel Servets vor den Toren Genfs ihm den Anlass dazu gab. Im Zentrum des Sammelbandes steht Castellios anonymer Traktat Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll im originalen Kontext. Er stieß Debatten über religiöse Toleranz an, die grundsätzlich für das Selbstverständnis der Protestanten und einer reformatio continua geblieben sind. Aktuelle Kontroversen über Religionsfreiheit und Grenzen der Toleranz handeln mit Argumenten, die Castellio populär gemacht hat. Die Handels- und Universitätsstadt Basel bot ihm beste Bedingungen für die Verbreitung non-konformistischer Ideen. Die Integration von Glaubensflüchtlingen, die das Recht auf Diskussionsfreiheit beanspruchten, war für den Basler Magistrat eine ähnliche Herausforderung wie die Eingliederung von Migranten und Asylanten in Deutschland und der Schweiz heute. Castellios Appell zum Gewaltverzicht ist hochmodern. Er impliziert die Anerkennung moralischer Grundregeln, wie sie später in Naturrechtslehren und der Deklaration der Menschenrechte formuliert worden sind. Er zieht die Grenze religiöser Toleranz dort, wo religiöse Fundamentalisten ihre Vorstellungen mit Gewalt durchsetzen. Auch Castellios übrige Schriften argumentieren für religiöse Toleranz, Willensfreiheit und Gerechtigkeit. Als Philologe bewunderte er Erasmus von Rotterdam. Wie dieser legte er eine neue Übersetzung der Bibel in klassischem Latein vor. Franzosen würdigen ihn wegen seiner französischen Bibelübersetzung als ihren Luther. Von diesem unterschied er sich allerdings durch seine Bibelauslegung, für die er allein die gesunde Vernunft als Sonde empfiehlt. Castellio hatte Verbindungen nach England, Frankreich und den Niederlanden, wo er zusammen mit Täufern wahrgenommen wurde.